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Eifersucht – Drama oder Chance

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Einen besonderen Menschen an seiner Seite zu wissen, verliebt zu sein, ist ein wunderschönes Gefühl. Wir sind glücklich, schweben wie auf Wolken und genießen die besonderen Momente der Zweisamkeit. Doch irgendwann tauchen Gedanken des Zweifels auf. Was passiert, wenn sie, wenn er geht? Wie alles Vergängliche trägt Partnerschaft den Samen der Endlichkeit in sich.

Eifersucht ist die Angst vor Verlust. Sie lässt uns misstrauisch werden, quält uns und wir mutieren zu Detektiven und Anklägern. Warum bist Du gestern so spät nach Hause gekommen? Woher kommt diese Restaurantrechnung? Mit wem warst Du essen? Was ist WIRKLICH passiert?

Vermutlich kennen Sie dieses nagende Gefühl der Ungewissheit. Man fühlt sich miserabel, wütend, ist schlecht gelaunt, beäugt den geliebten Partner auf einmal mit argwöhnischen Blicken. In dieser quälenden Zeit wünschen wir uns Gewissheit, Stabilität, dass alles so bleibt wie es bisher war.

Welches Verhalten löst Zweifel in uns aus? Das kann ein intensives Gespräch, ein sinnlicher Tanz, eine feste Umarmung, eine heimliche Verabredung, verehrende Blicke oder ein Kuss sein. Die Frage dabei ist, welche Interessen unser Partner dabei hat und welche Bedeutung wir hinein legen. Manchmal steckt gar nicht viel dahinter und wir machen aus einer Mücke einen Elefanten. Und manchmal steckt sehr wohl etwas dahinter, sind intensive Gefühle im Spiel. Dann macht es vielleicht Sinn, achtsam zu sein und zu schauen, in welche Richtung sich die Beziehung entwickelt.

Eifersucht wird von mehreren Faktoren wie Selbstvertrauen, Erfahrungen und dem Verhalten meines Partners bzw. meiner Partnerin beeinflusst. Vor allem ist Eifersucht individuell und daher für Außenstehende nicht unbedingt nachvollziehbar. Für manche ist bereits ein Flirt zu viel des Guten, andere wiederum haben kein Problem damit, den Urlaub auch mal getrennt zu verbringen.

Eifersucht ist ein Zustand, der für viele Menschen negativ belegt ist. Doch können wir daraus den Schluss ziehen, unser Argwohn ist verkehrt, überflüssig, peinlich, ein Zeichen der Unreife? Wenn es unangenehm wird, wünschen wir uns, dass es schnell vorbei geht. Was muss ich tun, damit die Eifersucht verschwindet? Doch warum gibt es Eifersucht, wenn sie scheinbar überflüssig ist? Ist sie vielleicht eine Prüfung? Können wir von ihr etwas über uns lernen?

Drama

Eifersucht stiftet Unfrieden. Auf einmal ist es vorbei mit der Behaglichkeit. Wir fühlen uns unsicher und spüren, dass die kuschelige Zweisamkeit in Gefahr ist. Aus dem Wir wird ein Du und Ich. Plötzlich tauchen Fragen auf wie: Ist er männlicher, erfolgreicher als ich? Was ist an ihm, dass sie von ihm so eingenommen ist? Ist die Rivalin weiblicher, erotischer, charmanter als ich? Ist sie womöglich jünger und viel attraktiver?

Eifersucht ist die Angst vor dem Vergleich. – Max Frisch

Dem Partner nicht mehr zu vertrauen, ja ihn womöglich zu verlieren, stellt zentrale Bedürfnisse in Frage. Angst macht sich breit. Angst vor Einsamkeit, Existenzangst. Kann ich meinen Lebensunterhalt auch alleine bestreiten? Was wird aus der gemeinsamen Wohnung? Zum wem halten unsere Freunde? Fragen, die uns beunruhigen, unser Leben in einem anderen Licht erscheinen lassen.

Bei einem schwachen Selbstwertgefühl haben Zweifel ein leichtes Spiel. Wir fühlen uns als Mensch in Frage gestellt, fühlen uns durch die Qualitäten anderen Menschen bedroht und reagieren tief verletzt. Wir ziehen uns zurück, versinken in Selbstmitleid oder schalten auf Angriff und möchten dem Partner die emotionale Verletzung heimzahlen. Es fällt uns schwer, ein wenig Abstand zu den Gefühlen und Gedanken zu bekommen.

Chance

Eifersucht setzt Energie frei. Plötzlich sind wir hellwach. Unsere Sinne sind geschärft. Wir werden wachsam, sobald eine Rivalin, ein Rivale das Spielfeld betritt. Plötzlich zeigt sich Lebendigkeit, wo vorher Routine herrschte. Vor allem kann Eifersucht ein durchaus angemessenes Gefühl sein, das uns zu mehr Aufmerksamkeit auffordert, weil wir unsere Partnerschaft vielleicht vernachlässigt haben.

Eifersucht hat auch etwas mit Wertschätzung zu tun. Ich spüre: Meine Partnerin, mein Partner ist mir wichtig! Wir erfahren, was der andere uns bedeutet, bzw. wie sehr wir sie/ihn brauchen. Und das ist im Sinne der Paarbeziehung sicherlich hilfreicher, als gleichgültig zu reagieren.

Die Qualität einer Beziehung wird besonders in schwierigen Wetterlagen offensichtlich. Wie gehen wir miteinander um, wenn Streit und Misstrauen in der Luft liegen? Haben wir gelernt, miteinander zu streiten und Klartext zu reden? Nicht nur die schönen Stunden geben einer Beziehung Tiefe. Vertrauen braucht auch die Erfahrung, gemeinsam schwierige Situation gemeistert zu haben.

Zu erkennen, was mir gerade nicht gut tut, ist nur eine Seite der Medaille. Halte ich Augen und Herz offen, sehe ich, was meinem Partner offensichtlich gut tut. Vielleicht kann ich davon eine Menge lernen. Und ich darf mich fragen: Wie großzügig bin ich meinem Partner gegenüber? Was gönne ich meiner Liebsten? Wo habe ich sie/ihn in der letzten Zeit vernachlässigt?

Auf der einen Seite möchte wir der Mittelpunkt für den Menschen an unserer Seite sein. Auf der anderen Seite reift irgendwann auch die Erkenntnis, dem anderen nicht alles bieten zu können. Und damit auch nicht mehr alles mitmachen zu müssen. Vielleicht liegen uns Theaterbesuche nicht, haben wir keine Lust auf Surfen oder Wandern. Dann wäre es doch wunderbar, wenn es andere Gleichgesinnte für diese Hobbys gibt. Dadurch entsteht mehr Freiraum in der Beziehung.

Vom Du zum Ich

Unser Misstrauen richtet sich zunächst auf den Partner, die Partnerin, den Rivalen, die Rivalin. Plötzlich sind wir hellwach, nehmen kleinste Veränderungen war, wo vorher Routine herrschte. Je machtloser wir uns fühlen, desto unerträglicher wird die Situation. Dabei vergessen wir allzu leicht, dass Eifersucht in uns entsteht, also etwas mit uns zu tun hat.

In diesen schwer zu ertragen Momenten taucht die Frage auf: Warum muss mir das widerfahren!? Dabei kann die Frage genauso gut lauten: Warum nicht? Was könnte für mich gut sein, dass ich in diese Situation gerate? Was kann ich über mich lernen? Hier liegt meines Erachtens eine große Chane, sich und die Eifersucht besser zu kennenzulernen.

Emotionen wie Angst, Wut und Enttäuschung trüben allzu leicht den Blick auf die Geschehnisse. Innerlich aufgewühlt, schwanken wir zwischen Anklage und Selbstmitleid. Klarheit und Mitgefühl entstehen, wenn wir in uns gehen und uns selber befragen. Das Verstehen ist dabei kein rein intellektueller Vorgang. Es ist diese Mischung aus spüren, reflektieren, einordnen und auch nicht verstehen. Zu akzeptieren, dass ich manches (noch) nicht einordnen kann. Je mehr wir bei uns sind, zu uns stehen, uns annehmen, desto weniger hängen wir an anderen Menschen. Die Liebe wird größer und das Brauchen geringer.

Woran erkennen Sie, dass Sie eifersüchtig sind?
Wie macht sich Eifersucht bei Ihnen bemerkbar?
Was löst Eifersucht bei Ihnen aus?
Welche Erinnerungen weckt die Eifersucht?
Wirken sich diese Erinnerungen möglicherweise auf das heutige Erleben aus?

Wo spüren Sie die Eifersucht?
Was tut weh, wenn es weh tut?
Welche Farbe, welche Form hat Eifersucht für Sie?
Was möchte die Eifersucht Ihnen vielleicht mitteilen?
Wie viel Macht geben Sie der Eifersucht?

Was kann ich tun?

Suchen Sie den Dialog. Sprechen Sie über Ihre Gefühle, Ihre Enttäuschung, Ihre Irritation. Das schafft Verbundenheit, solange man sich in der Partnerschaft nicht völlig gleichgültig ist. Hören Sie hin, was in Ihrem Partner, Ihrer Partnerin vorgeht. Was bewegt ihn? Was beschäftigt sie? So kommen Sie wieder In Kontakt und lernen sich womöglich von einer anderen Seite kennen.

In Anlehnung an Byron Katie können wir unser Gedankenkaroussel anhalten und folgende Fragen stellen: Ist es wahr, was ich mir vorstelle? Kann ich mir wirklich sicher sein? Wie würde ich mich ohne diesen Gedanken fühlen? Allzu leicht halten wir unseren Gedanken für die Realität. Dabei ist unsere Sichtweise eine Möglichkeit unter vielen. Steigern wir uns vielleicht in etwas hinein und dramatisieren unnötig?

Wie sie oft liegt der Schlüssel der Erkenntnis im Annehmen. Sich einzugestehen: Ich reagiere eifersüchtig, habe Angst, bin neidisch. Eigentlich möchte ich so nicht sein und lieber cool über den Dingen stehen, so kurz vor der Erleuchtung. Die wenigsten sind allerdings bereit, den Preis dafür zu zahlen. Den Weg der Selbsterfahrung, der Selbstverantwortung zu gehen. Und das ist nicht immer ein Hochglanzabenteuer aus der Werbung. Da dürfen wir uns mit Wut, Angst, Neid und Eifersucht auseinander setzen.

Erst im Unglück weiß man wahrhaft, wer man ist. – Stefan Zweig

Das, was in uns passiert, braucht Raum, bedarf Beachtung. Nicht um sich in Selbstmitleid oder Vorwürfen zu verlieren, sondern um Klarheit zu gewinnen. Wie wollen wir unangenehmen Gefühlen angemessen begegnen, ohne sie in ihrer Tiefe zu erfahren? Die Erkenntnis kommt nicht wie eine spontane Eingebung zu uns. Erkenntnis beinhaltet Üben. Schritt für Schritt in Achtsamkeit. Die Achtsamkeit richtet den Blick auf unser Erleben, unsere Gedanken und Gefühle. Sie spendet Licht, damit wir nicht im Dunkeln umherirren. Die Dinge beginnen klarer zu werden, werden deutlicher sichtbar. Dann gehen wir weiter, um unsere Einsichten zu prüfen und uns weiter auszuprobieren.

Alles was ich machen kann, ist, den Augenblick anzunehmen und der zu sein, der ich jetzt bin. Damit kann ich arbeiten. Alles andere ist Illusion und Flucht. Wenn ich meine, dass ich nicht richtig bin, oder das was mir gerade widerfährt ungerecht ist, neige ich zur Flucht. Ich stelle mich nicht der Situation. Und irgendwann spüren wir, dass die Dinge einfacher werden. Ja, die Eifersucht ist noch da. Wir erkennen sie, doch sie ist nicht mehr so quälend und bedrohlich. Sie hat uns einiges gelehrt, uns in die Enge getrieben. Sie hatte die Energie, einen Teil unserer Selbstgefälligkeit aufzulösen.

Der Weg der Erkenntnis

Die Frage ist doch, ob wir uns in Schwierigkeiten fühlen, weil das Leben so ungerecht ist, oder ob wir mit den Widrigkeiten des Alltags so unflexibel umgehen. Leider neigen wir dazu, weg zu schauen, wenn es unbequem wird. Klar, sich den Unannehmlichkeiten zu stellen kostet Kraft und die ist nicht immer vorhanden. Doch Umwege und überholte Ansichten kosten ebenfalls Energie. Da gilt es stets zu prüfen, ob der Showdown nicht mehr Sinn macht.

Wenn das Leben uns fordert, kann das ein Zeichen sein, sich in Vertrauen zu üben. Was hilfreich oder ein Desaster ist, wissen wir erst später. Widrigkeiten nehmen wir in erster Linie als Hindernisse, als Stolpersteine war. Und erkennen erst später, dass auch Diamanten unter ihnen sind.

Jedes Gefühl bringt einen Schatz an Erfahrungen mit sich. Wir lernen uns und andere besser kennen. Wir können emphatischer reagieren, weil wir Ähnliches durchlebt haben. Eifersucht ist ein Ausdruck von Lebendigkeit, eine Frage des Lebens an uns. Sie wegmachen zu wollen, hieße, die Vielfältigkeit des Lebens zu negieren. Und wäre es nicht ungewöhnlich, von Gefühlen wie Eifersucht, Angst überhaupt nicht betroffen zu sein?


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